Mapathon Teilnehmende Seeshaupt

Mapathon in Pandemie-Zeiten: In Online-Konferenzen wird das Wunschradnetz erstellt wie hier in Seeshaupt. © ADFC Seeshaupt

ADFC-Projekt Mapathon – Erfahrungen aus den Gliederungen

Mit dem ADFC-Mapathon sollen überall in Deutschland Wunschradnetze entstehen. In vielen Städten ist das Projekt schon erfolgreich angelaufen, in einigen schon weit vorangeschritten. Hier berichten ADFC-Gliederungen von ihren Erfahrungen.

Mapathon in Mainz

Mainz steht exemplarisch für viele Städte und Kommunen in Deutschland: In der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt fehlt ein durchgängiges Radwegenetz, das es den Menschen ermöglicht, zügig, sicher und direkt per Rad ans Ziel zu kommen.

„Es hakt an vielen Ecken und Enden. Die Radverkehrsförderung ist in Mainz bisher eher stiefmütterlich behandelt und das Rad ganz oft nicht mitgedacht worden“, sagt Rolf Pinckert vom ADFC Mainz-Bingen.

Deshalb sind sechs Aktive des ADFC Mainz-Bingen Ende 2020 dem Aufruf des ADFC gefolgt und haben sich mit weiteren Engagierten zusammengetan, um einen Mapathon zu starten.

Wunschradnetz in Mainz an Stadt überreicht

Das Projekt liegt mittlerweile in der Hand des Mainzer Radfahrforums, in dem sich neben dem ADFC Mainz-Bingen sechs weitere Verkehrs- und Umweltorganisationen einsetzen. Nach vier Monaten Arbeit, zwei Websitzungen im kleineren Kreis sowie einer Online-Bürgerbeteiligungsrunde mit knapp 100 Teilnehmenden stand der Vorschlag für das Wunschradnetz.

Anfang Mai 2021 hat das Mainzer Radfahrforum seinen Vorschlag dem Oberbürgermeister und der Umwelt- und Verkehrsdezernentin der Stadt überreicht. Da das Verkehrsdezernat schon vorher eingebunden war, arbeitete es parallel bereits am Förderantrag, der Ende Mai beim Fördergeber eingereicht wurde.

 

Esslingen setzt auf virtuelle Beteiligung

Esslingen hat zwar seit 2013 eine Radnetzkonzeption, die Umsetzung geht aber nur schleppend voran. „Es gibt viele sehr schädliche Lücken im Radnetz. Außerdem haben sich seitdem die Zielsetzung und viele Erkenntnisse über zielführende Maßnahmen deutlich verbessert und geschärft“, sagt Petra Schulz vom Bündnis Esslingen aufs Rad.

Seit Dezember 2020 hat das Bündnis, das den Mapathon in der baden-württembergischen Stadt federführend betreut, in vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit ein Wunschradnetz erarbeitet.

Zu den virtuellen Bürgerbeteiligungsrunden haben sie den Planer der Stadt kurzerhand gleich miteingeladen, „das können wir nur empfehlen – so kommen die Infos direkt an die planende Stelle. Ziel ist es, dass zukünftig die Verwaltung diese Art von Bürger*innen-Beteiligung organisiert“, sagt Petra Schulz. Der Vorschlag wurde begrüßt – stockte aber. Der Grund: zu wenig Personal in der Stadtverwaltung.

Nottuln will sich im ADFC-Fahrradklima-Test verbessern

Auch im nordrhein-westfälischen Nottuln tut sich bisher wenig für den Radverkehr. „Beim ADFC-Fahrradklima-Test liegt Nottuln Münsterland-untypisch weit hinten. Mit dem Mapathon wollen wir das ändern und der Politik unterstützend unter die Arme greifen“, sagt Günter Dieker vom ADFC Nottuln.

Der ADFC hat zusammen mit weiteren Engagierten, darunter auch Schüler*innen sowie Aktive der Fridays for Future-Bewegung, eine Online-Umfrage gestartet, um zu erfahren, welche Wege Menschen in Nottuln nutzen, welche sie sich wünschen, wo Abstellanlagen fehlen oder Konflikte mit dem Kfz-Verkehr entschärft werden müssen.

„Wir wollen mit dem breiten Votum der Bevölkerung mehr Druck erzeugen und der Verwaltung zeigen, wo die Bedürfnisse der Bevölkerung liegen. Gerade jetzt, wo die Fördermöglichkeiten durch den Bund so gut sind, müssen wir schnell handeln, um unser Radwegenetz zukunftsfähig zu machen“, sagt Günter Dieker.

 

Nottuln erzeugt Druck über Öffentlichkeit

Um möglichst viele der rund 20.000 Einwohner*innen zu erreichen, nahmen sie Kontakt zu Vereinen, Parteien und Schulen auf, warben mit Flyern, über die Sozialen Medien und Infoständen für ihr Vorhaben – und waren erfolgreich.

Etwa fünf Prozent der Haushalte haben mitgemacht und die schlechten Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests bestätigt. Die Wünsche, Hinweise und Kommentare hat die Gruppe in eine Karte eingetragen, die Anfang Mai in einer Online-Konferenz einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Mit dabei war der Bürgermeister der Stadt. Er fährt selbst viel Rad fährt und will die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests unbedingt verbessern.

Gemeinden im Norden Berlins planen kommunenübergreifend

Als der ADFC Birkenwerder sich 2018 gründete, lief das Verfahren für ein kommunenübergreifendes Verkehrsnetz für die Gemeinden Birkenwerder, Hohen Neuendorf, Glienicke/Nordbahn und Mühlenbecker Land bereits.

Die Gemeinden im Umland von Berlin liegen in direkter Nachbarschaft und haben gemeinsame Probleme: Viele Pendler*innen und der Durchgangsverkehr nach Berlin – ein Verkehr, der fast ausschließlich mit dem Auto bewältigt wird.

Um den Kfz-Verkehr zu reduzieren, hatten sich die Verwaltungen über die Gemeindegrenzen hinweg das Ziel gesetzt, den Umweltverbund zu fördern und die Verknüpfung der Verkehrsträger zu verbessern, um so attraktive Alternativen zum Auto zu schaffen.

Die gemeinsame Lösung war ein kommunenübergreifendes Verkehrskonzept, in dem auch der Radverkehr eine wichtige Rolle spielt. „Wir wollten gleich umfangreich Einfluss nehmen und unsere Ansichten in das Teilkonzept zum Radverkehr einbringen“, sagt Andreas Blaschke vom ADFC Birkenwerder.

Mutige Forderungen stellen

Mit Erfolg: Sie brachten die Verwaltung in Birkenwerder dazu, einem kommunenübergreifenden Radverkehrskonzept zuzustimmen, regten die Bildung weiterer ADFC-Ortsgruppen in den Nachbargemeinden an und nutzten den Mapathon, um ein Wunschradnetz zu entwerfen und zu verfeinern.

„Wir sind mutig rangegangen. Wir haben uns gesagt, gestrichen werden kann immer. Und dieser Mut wurde belohnt. Unser Wunschradnetz wurde nach fachlicher Prüfung weitestgehend in die Planungen übernommen und sogar noch ergänzt. Zum Beispiel durch visionäre Brücken für den Radverkehr, die wir gar nicht zu planen gewagt hatten“, so Andreas Blaschke.

Zum Jahresende soll das interkommunale Verkehrskonzept vorliegen. Spätestens bei der Umsetzung stößt das Vorhaben aber dann wohl an seine Grenzen – an die Gemeindegrenzen.

„Es fehlt eine überkommunale Koordinierungsstelle oder ein Arbeitskreis, der die einheitliche Umsetzung in die Hand nimmt. Damit, salopp gesagt, die Radwege nicht in einem Ort rot, in einem grün und in dem nächsten blau sind“, sagt Andreas Blaschke.

Fürth erwartet rasche Lückenschlüsse

Auch der ADFC in Fürth ist schon seit einiger Zeit dabei, ein Radverkehrsnetz zu erarbeiten. „Da kam die Idee mit dem Mapathon zur rechten Zeit, und wir haben zielgerichtet bereits vorhandene Ideen eingepflegt, um andere Interessierte mit der Idee zu begeistern“, sagt Olaf Höhne vom ADFC Fürth.

Das 13-köpfige Team aus verschiedenen Initiativen hat dabei immer wieder zur Mitarbeit aufgerufen und so das gewünschte Radnetz immer weiter verfeinert. Mittlerweile steht das Team kurz davor, das Wunschradnetz den politisch Verantwortlichen zu übergeben.

Das Team hofft, dass das Wunschnetz bald von der digitalen Karte auf die realen Straßen übertragen wird. „In jedem Fall erwarten wir uns konkrete Verbesserungen auf den Hauptrouten, damit wir in Fürth eine qualitativ hochwertige Vernetzung der existierenden Infrastruktur erleben und Lücken, wie wir sie heute haben, rasch geschlossen werden“, sagt Olaf Höhne.

Trotz Einschränkungen durch die Corona-Pandemie ließ sich das Projekt Mapathon gut umsetzen. „Die Treffen fanden ausschließlich digital statt – was es uns erlaubt hat, die Ergebnisse fast schon in Echtzeit anzupassen. Leute zeichnen mal eben schnell neue Radrouten in Karten ein und man bespricht, was sinnvoll ins Zielnetz aufgenommen werden soll. Ein super-spannender Prozess“, sagt Olaf Höhne.

 

Engagement in Pandemiezeiten in Seeshaupt

Dass der ADFC-Mapathon eine gute Möglichkeit ist, sich in Pandemiezeiten zu engagieren, zeigt auch die Erfahrung aus der kleinen oberbayerischen Gemeinde Seeshaupt. „Wir sind schon länger in Sachen menschenfreundliche Mobilität unterwegs und der Impuls Mapathon kam uns gerade recht, die Kreise weiter zu ziehen und neue Mitdenker anzusprechen“, sagt Norbert Hornauer vom ADFC Seeshaupt.

Und ergänzt: „Es war auch ein super Winterprogramm, da ja die Klassiker wie Reiseberichte nicht möglich waren.  Außerdem war es sehr angenehm, ohne großen organisatorischen Aufwand von zu Hause aus zu arbeiten. Sich virtuell zu treffen und gemeinsam zu engagieren, überwindet soziale Kontaktarmut, bewegt die eigenen Gedanken und macht fröhlich“, sagt er.

Auch in Seeshaupt hat der ADFC-Fahrradklima-Test die Defizite im Radverkehr deutlich gemacht. Der Ort mit gut 3.000 Einwohner*innen besteht hauptsächlich aus zwei Staats- bzw. Landesstraßen und einer Kreisstraße.

„Da wird die Passivität der Verwaltung vor Ort dann oft auf die übergeordnete Ebene geschoben“, sagt Norbert Hornauer. Deshalb hat sich der ortsansässige ADFC zusammen mit der Dorfentwicklung Seeshaupt und Seeshaupt mobil dazu entschlossen die Sache in die Hand zunehmen und einen Mapathon gestartet.

Nach drei Webkonferenzen im Januar hat das Bündnis ein Wunschradnetz erarbeitet, das im Mai im Gemeinderat vorgestellt und an den Bürgermeister übergeben wurde.

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

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    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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